Das große Möhren-Mysterium

Es gibt ein Thema, das uns schon lange beschäftigt und viele schlaue Köpfe über noch mehr Mittagspausen verzweifeln lässt: Das große Möhrenmysterium.

Was hat es damit auf sich? Dem gelegentlichen Besucher der Mensa in der Ahornstraße wird es nicht auffallen, aber als regelmäßige Kundschaft in unserer Fast-Lieblingsmensa kamen wir nicht umhin es im Laufe der Zeit doch zu bemerken: Die Mensa liebt Möhren. Fast kein Gericht kommt ohne aus.

Beginnen wir den Artikel mit einer kleinen Analyse des Wochenspeiseplans:

Am Montag gab es wie immer vier Gerichte auf der Karte. Verzeiht mir in dieser Analyse gelegentliche Spekulationen, diese beruhen auf Erfahrungswerten, nicht immer landet jedes Gericht auf mindestens einem Teller unserer Mensa-Gang. Am Montag, so mein „educated guess“, fanden sich Karotten sowohl in der „Aramäischen Rote-Linsen-Suppe“ als auch in der mediterranen Paprika-Zucchini-Sauce zum Hähnchenspieß wieder, mit dem üblichen Mischsalat und dem Balkangemüse auch in beiden Vitaminbeilagen.

Am Dienstag liegt die Vermutung nahe, unseren bekannten orangen Freunde in unterschiedlicher Darreichungsweise sowohl im Kichererbsen-Tomaten-Eintopf, der Tomatensauce zum Hirtenkäse, im Ananas-Chili-Chutney zur Hähnchenbrust als auch, wie üblich, im Salat anzutreffen.

Heute gab es den vegetarischen Pot-au-Feu und Karotten in Tomaten-Fleisch-Wasser, Verzeihung: Bolognese. Ohne Spaß. In der Bolo hier sind höhere Gewichtsanteile Möhrchen als Fleisch oder Tomate, dazu, wie sollte es anders sein, den Beilagensalat mit dem üblichen Anteil von gefühlt 30% Möhren. Und das bunte Gemüse, das, wenn es gerade nicht ausschließlich aus Mais besteht, immer eine gesunde Dosis des carotinen Hasenfutters enthält.

Der Rest der Woche bleibt Spekulation, aber ich vermute zumindest im Italienischen Nudelsalat, dem Griechischen Gemüseauflauf und in der Sauce zum Indischen Butter-Chicken ebenfalls Möhren anzutreffen.

Vielleicht war da jetzt auch das ein oder andere False-Positive dabei (um mal im Informatikerjargon zu bleiben). Warum? Weil wir mittlerweile alles erlebt haben. Möhren in der Frikadelle, Möhre in jedem erdenklichen Auflauf oder Eintopf, Möhre im Chilli-Con-Carne. Möhre in der Lasagne, Möhre in der Remoulade. Möhre in der Bratensoße, Möhre im Currygemüse. Möhre als einziges Gemüse im Gemüsereis. Möhre als Hauptbestandteil des Paprika-Gemüses. Möhre im Gulasch, Möhre in der Fallafel, Möhre auf dem Schlemmerfilet. Und, wie sollte es anders sein, wird die geliebte Möhre auch mindestens einmal im Zwei-Wochen-Takt als Hauptgericht gefeatured, dann auch gerne in kulinarischen Highlights wie: Möhren-Linsen-Ragout mit Rosenkohl an Haselnussfussilli. Klingt fancy, ist eher geht-so.
Im täglichen Gemüsebuffet enthalten von den sechs bis acht zur Auswahl stehenden Einzelkomponenten in der Regel 40-50% erkennbare Möhrenanteile. (Semi-)Empirisch ermittelt! Erkennbar, da wir Möhren von fast-am-Stück über das klassische Julienne-Format (die feinen Streifen im Salat) über Jardiniere (kleine Würfel), Macédoine (große Würfel), Brunoise (sehr kleine Würfel) auch schon in mit dem bloßen Auge kaum zu erkennenden, nahezu mikroskopischen Darreichungsformen versteckt in anderen Lebensmitteln entdeckt haben. Ob’s für diese Taktik auch ein schickes französisches Wort gibt?

Wie dem auch sei, eins sollte klar geworden sein: Die Mensa liebt Möhren. Und zwar in einem unverhältnismäßig hohen Maße. Ich würde soweit gehen zu behaupten, dass unsere Mensa Möhren mehr liebt als Glutamat. Da dieser Beitrag nun schon relativ lang geworden ist, möchte ich unsere Theorien hierzu nur kurz und knapp anreißen:

  1. Das Möhrenkartell
    Das Möhrenkartell ist kurz und knapp erklärt: Die Möhrenlobby hat es geschafft das Studierendenwerk oder einzelne subversive Köche in großem Maße zu schmieren. Geld fließt in großem Maßstab in die deutsche Möhrenindustrie, Möhren in großem und Geld in kleinem Maßstab zurück in die Ahornstraße.
  2. Der geheime Deal
    Ähnlich zu 1., allerdings steckt an dieser Stelle ein einzelner Großbauer dahinter. Geld ist hier vermutlich nicht die treibende Kraft, eher familiäre Verbandelung, jahrhundertealte Verflechtungen des Alt-Öcher Klüngels oder andere, noch tieferliegende Gründe, die uns auf ewig verborgen bleiben werden. Möglich an dieser Stelle ist auch der klassische Tauschhandel. Regelmäßig werden die teuren, aber guten Kartoffelbällchen auf der Karte last-minute durch billige Pommes ersetzt. Werden hier evtl die teuren Kartoffelbällchen gegen große Mengen Möhren getauscht? Wie stehen die Quoten? 100kg Möhren (3. Wahl) gegen 1kg Kartoffelbällchen?
  3. Die unbekannte Lebensform
    Zugegebenermaßen die abgedrehteste Theorie, aber es ist möglich, dass sich eine unbekannte Lebensform unter uns geschlichen hat. Und wo fallen Wesen, die fast aussehen wie Menschen, (noch) Schwierigkeiten haben, ein normales Sozialverhalten zu adaptierien und (Achtung, nicht so ernst gemeint 😉 ) nicht ganz normal riechen am wenigsten auf? Richtig, im Informatikzentrum! Und diese Lebensform fühlt sich auf der Erde sehr wohl, aber ähnlich wie wir Sauerstoff zum Überleben brauchen, braucht dieses Wesen neben Club Mate täglich eine ordentliche Dosis Beta-Carotin.
  4. Die unwissenden Tester
    Das Uniklinikum ist nicht weit. Und was die so anstellen, wissen wir allerspätestens seit den großen Enthüllungen im Zuge des Abgasskandals. Was spricht also dagegen, Langzeituntersuchungen zur Wirkung von Beta-Carotin bei überproportionaler, täglicher Aufnahme, am lebenden Objekt zu testen? Gar nichts! Und was liegt näher, als hierfür die nächstliegende Mensa auszuwählen, in der Nicht-Mediziner essen gehen? Plausibel, oder?
  5. Die heimliche Erziehung
    Der Informatiker lebt im Keller, ernährt sich von TK-Pizza und Club Mate und meidet außer Sonnenlicht hauptsächlich Vitamine. Vielleicht sind diese Vorurteile bei irgendeiner Mensa-Mama so tief eingebrannt, dass sie es sich zur persönlichen Mission gemacht hat, uns täglich subtil Vitamine unterzuschieben. Und was liegt näher als ein Gemüse zu wählen, das relativ leicht geschmacksfrei gekocht werden kann und farblich nicht das so abschreckende Grün aufweist!
  6. Das Missverständnis
    Ähnlich wie sich inzwischen nachgewiesen ist, dass Spinat gar nicht so viel Eisen enthält wie man ihm lange nachgesagt hat, sind Möhren auch nicht so wunderbar für die Augen wie eine kleine Geheimdienstlüge uns lange glauben ließ. Diese Theorie ist nahe an der vorherigen und setzt die führsorgliche Mensamama voraus (okay, das macht die Theorie ebenso unwahrscheinlich), die sich denkt „Die armen Kinder starren den ganzen Tag auf ihre Bildschirme und kriegen ganz schlechte Augen! Dagegen muss ich was tun!“.
  7. Die Subventionierung
    Hier ist nicht an staatliche Subventionierung gedacht. Vielmehr an den potentiellen Kaninchenzüchterclub eines hoffentlich imaginären Mensaangestellten, der durch „Verschnitt“ in der „Küche“ Unsummen an jährlichen Futterkosten einspart.
  8. Die Entsorger
    Schon mal vom Butterberg gehört? Ja? Auch vom Möhrenberg? Nein? Den gibt’s auch nicht, der landet in der Ahornstraße!
  9. Das verlockende Angebot
    Es war einmal ein Großhändler, der machte einen Fehler. Die Mensa forderte ein Angebot für Möhrchen an. Der arme Händler, nicht ganz wach, gab den Preis pro Tonne an statt wie geplant vom Kilo. Die Mensa nahm die Chance wahr, den Händler gibt’s nicht mehr, die Möhren essen wir noch heute. Ergänzende Hinweise hierauf: Auch in Zeiten ernsthaften Raummangels an der RWTH tauchen plötzlich Leerstände auf, in denen sich Hausbesetzer breitmachen. Ein Hinweis auf aufgebrauchte Möhrenlager?
  10. Der simple Fehler
    Wenn man den Azubis einmal den Einkauf überlässt… Ähnlich zu neun, nur dass hier ein armer Mitarbeiter im Einkauf Tonnen statt Kilos geordert hat. Und statt den Fehler zu korrigieren, lebt man halt damit. Und verarbeitet da wo keiner meckert: In der Ahornstraße. Diesem Händler geht’s übrigens gut, zumindest wenn er sich nicht gerade am Cocktail auf dem Privatstrand seiner Villa in der Karibik verschluckt.

Soweit zu unseren Lieblingstheorien! Wie steht ihr dazu? Welche mögt ihr am liebsten? Oder möchtet ihr eine weitere beisteuern? Nutzt die Kommentarfunktion!

 

Ein Kommentar

  1. Dieser Beitrag spiegelt genau richtig den Alltag in der Ahornmensa wider. Die Theorien sind alle realistisch, wobei ich persönlich die 2. am wahrscheinlichsten finde, da dies auch direkt das Problem mit den Kartoffelbällchen erklären würde. Hier werden allerdings auch nicht nur die Kartoffelbällchen getauscht, sondern auch die fast genau so guten Kartoffelchips.

    Eine weitere Theorie, die ich gehört habe und ähnlich zur 5. Theorie ist, ist die Förderung in Form von Möhren durch den Staat. Der Staat möchte die Informatiker in Zeiten der Digitalisierung besonders fit und gesund haben. In der Ahornmensa gehen die Informatiker von morgen essen und somit setzt hier der Staat schon an und sorgt dafür, dass diese genug Vitamine zu sich nehmen.

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